Erste Review zu Zauss „Diafonia Leitmotive Waves“

Zauss
ZAUSS – DIAFONIA LEITMOTIV WAVES
Von André Lemblé, Gitarrist, Sept. 17, 2014

Spontan fällt mir ein: Schwer zu verdauen, für Normalos unerträglich und unfassbar. Nichts anderes hat man erwartet aus der Werkstatt von Markus Stauss und seiner soundfactory Fazzul. Obwohl vollends abgehoben und Lichtjahre von jeglichem gewohnten Klangbild entfernt sieht man doch die Grenzen des menschlichen Schaffen, die nie erweitert, nie aufgehoben werden können. Die Grenzen und universellen Regeln lauten: Dichte und Leere, stark und schwach, leise und laut, das Wenige und das Viele. Daran hält sich sogar Zauss, es gibt kein Entrinnen aus diesen Modi. Man stelle sich vor, es erklänge zu lange Vielheit, oder zu lange leise und leer, es würde alles zerstören und Langeweile würde sich breit machen.
Auf das Gleichgewicht und Ausgeglichenheit kann Mensch nicht verzichten, aus dem menschlichen Vorstellung kann Keiner raus, denn ausser ihr ist das Nichts. Selbst im Zauss’schen Universum hält man sich doch noch an Spannung und Entspannung, resp. ein-und-ausatmen. Ansonsten aber bleibt nichts an seinem ordentlichen Platz, weder harmonische Klangbilder, noch metrische Gesetze, alles weg, über Bord geworfen, keinerlei erkennbare und nachvollziehbare Strukturen, an die sich der Hörer noch klammern könnte. Brutal wird er aus dem Wohlfühl-Verlangen in Räume katapultiert, die so anstrengend, wie eine Acht-tausender-Besteigung sind. Es bleibt einem schlicht wegs die Luft weg.
Wer kann das noch fassen? Nur Wenige, doch für Musiker eigentlich eine helle Freude, nach Jahrzehnten des Musizierens im genormten Rahmen ein Ausweg zur Befreiung. Das wiederum braucht viel Mut, steht dem Künstler dabei doch eine gewaltige Front von Ignoranz und Unverständnis entgegen und man wird einsam. Es war allerdings schon immer klar, dass die Luft, ganz oben schon immer sehr dünn war.

Würde ich die Musik von Zauss, (Kann ich dies so noch definieren? Musik!?) einordnen wollen, muss ich kläglich scheitern. Für Zauss kein Problem. Seit langer Zeit verfolgt Stauss mit tausendfacher Konsequenz das Erfassen und Erhören unentdeckter Klangstrukturen. Dieses Streben als blosses herkömmliches musikalisches Schaffen zu benennen wäre zu wenig, zu klein und zu simpel. Wer Zauss hört, lauscht in eine andere Dimension, die nichts mehr mit wohltemperierten Zuckerguss zu tun hat.
In der Malerei könnte man sich Bilder von Künstlern aus der art-brut Szene vorstellen, auch die garantiert nicht für den mainstream entstanden, sondern aus tiefstem Bedürfnis des eigenen Weltbildes. Logisch, interessiert dies bloss eine winzige Minderheit.
Eigentlich ist eine ordinäre CD für diese Kreationen viel zu mager und völlig unpassend. So etwas muss live gespielt und gehört werden, nur so erkennt man, wie viel Spontanität und Spiellust da drin stecken. Unbedingt also muss nächstens eine Live-performance von Zauss her. Wir dürfen gespannt sein.