A. Musikalische Herkunft und Verwandtschaften (nach Stauss‘ eigenen Angaben) 

Albert Ayler, John Coltrane, Pharoah Sanders, Gato Barbieri, der junge Jan Gabarek, (alle ts); Jimmy Lyons (as), Wolfgang Dauner (p), Günther Hampel (vib, bcl); Miles Davis, Frank Zappa, Jimi Hendrix, The Art Ensemble of Chicago, Doors, King Crimson, * Tony Williams, * Jack Bruce

B. Musikalische Konzepte
Markus Stauss äusserte sich über die Grundlagen seines Musikschreibens und Musizierens, sowie über die Konzeptualität seiner Spielvorgaben in einem Gespräch am 13. März 1997 (Kassette, Schema-Zeichnungen etc. im Archiv des Autors).

I. Die Parameter seiner Musik ordnet er, wie folgt:

Grafik 1 Konzepte

Die Horizontale und die Vertikale sind hier als eine zweischalige Kugel oder als konzentrische Ringe zu verstehen, die verschieden zueinander stehen, die gegenständig rotieren können, in Bewegung sind oder festgelegt werden.
Stauss nennt dieses Modell „Zeit + (Re)Produktions Kugel“.

II. Die konstituierenden drei Säulen seiner Musik sind:

A) Klang / Klangfarben von unterschiedlichen Qualitäten und damit verbundene subjektive Wahrnehmungen

B) Texturen / Muster / Überlagerungen. Sie entstehen bei:

a – Komposition
b – Improvisation
c – Die Verbindung von a + b
d – Dissoziation, durch divergierende Spielanweisungen herbeigeführt

C) Energien in verschiedenen Zuständen, Veränderung dieser Zustände, das Entstehen neuer Energie durch eben diese Veränderungen.

Markus Stauss

Markus Stauss
Markus Stauss

III. Kontrastpaare / Gegensätze erzeugen das Spannungsfeld, in / auf dem musiziert wird
1. Lange musikalische Entwicklungen – abrupte Wechsel
2. Kommunikatives Improvisieren – Improvisieren nach divergierenden Anweisungen
3. Durchgearbeitete und sehr präzise reproduzierte Komposition – unbehauene, rohe und manchmal etwas ungenaue Interpretation von geschriebenem Material
4. lyrisch, romantische, «gepflegte» Interpretation – rohe Naturgewalt

IV. Musikalische Konstellationen
Die Vorgaben I. – III. erlauben verschiedene Spiel-Möglichkeiten.
Die drei Säulen, die Konstituenten („Dreibeiner wackeln nicht“) tragen das Spiel- und Spannungsfeld, auf dem Stauss verschiedene Positionen beziehen kann. Darüber als „Sonne“ die zweischalige Kugel, „das Zeit- und [Re]Produktionsmodell strahlt auf diese verschiedenen Positionen und gibt Energie, verschiedene Positionen werden verschieden angestrahlt. Wahl von gegensätzlichen Positionen, von welchen aus die über uns schwebende Kugel betrachtet wird“.

V. Was folgt daraus?
(Zitat) Mein Interesse an Positionen, Veränderungen, Wechsel und neuem Licht lässt stilistische Fragen und Zuordnungen zu Stilen unerheblich werden. Der oft gebrauchte Ausdruck „stilübergreifend“ bezieht sich auf Positionen, die einem Stil explizit angehören, der Wechsel der Positionen wird als Wechsel des Stils wahrgenommen, Stilmerkmale befinden sich im Kopf der Hörer, sind Hörgewohnheiten.

Standardisierte Paare wie „free pulse <--> freie Improvisation“ oder „Komposition <--> Groove“ etc. werden aufgelöst.

Die Funktion der Themen (Melodien, Motive etc.) ist im Hinblick auf ihre Farbe, ihre Energie und die Möglichkeite Muster zu bilden zu untersuchen. Themen sind nicht nur als Statements oder Wiedererkennungsfunktion zu benutzen.

Ständig werden Prozess und Struktur des Machens und Schreibens von Musik erforscht und hinterfragt, zum Beispiel:

– Ist genaues Zeitmass gleich Groove?
– Woran orientiert sich Improvisation?
– „Anything goes“ ist nicht möglich,  richtig oder falsch oder ?
 Markus Stauss, CH-Basel
Hans – Christoph von Imhoff, Fribourg & Vicosoprano, Autor des obigen Textes: Originaltitel „Markus Stauss über Musik und Anderes“ 03.1997.
Fassung aktualisiert: 06.2003 und 02.2006
07.2009: Kleine Ergänzungen von MS im Hinblick auf eine revidierte Fassung, * die plötzlich nicht mehr angesagt ist.
* Ergänzungen von MS im Oktober 2015